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Neuigkeiten zur EUDR aus Brüssel und Bonn

01.10.2024rss_feed

Neuigkeiten zur EUDR aus Brüssel und Bonn

In der vergangenen Woche haben wir an mehreren wichtigen Veranstaltungen zum Thema EUDR teilgenommen. Wir haben Ihnen die relevanten Neuigkeiten hier zusammengefasst:


Am Dienstag, dem 24.09.2024 fand die Multi Stakeholder Platform der EU-Kommission in Brüssel statt. Am darauffolgenden Mittwoch, dem 25.09.2024 haben wir am Test des EUDR-Informationssystems teilgenommen. Am Freitag, dem 27.09.2024 fand dann schließlich das EUDR-Stakeholderforum des Bundesministeriums für Landwirtschaft und Ernährung (BMEL) statt. Wir haben Ihnen die relevanten Neuigkeiten hier zusammengefasst:


Allgemeine Fragen:

  • Verschiebung der EUDR: Die Vertreter der EU-Kommission haben sich nicht zu einer Verschiebung der EUDR geäußert, aus ihrer Sicht wird alles für einen Anwendungsbeginn am 30.12.2024 vorbereitet. Im Hintergrund bewegt sich aber so einiges, das Thema ist mittlerweile bei Kommissionspräsidentin von der Leyen angekommen und wird in Brüssel intensiv diskutiert. Das BMEL fordert schon seit einiger Zeit eine Verschiebung der EUDR um sechs Monate, inhaltliche Anpassungen sind aber nicht vorgesehen. Ein Vertreter des BMEL war zuversichtlich, dass es in den nächsten ein bis zwei Wochen Neuigkeiten zu diesem Thema geben könnte. Man müsse sich aber trotzdem auf eine Anwendung der EUDR ab dem 30.12.2024 vorbereiten. Zudem wurde vom BMEL darauf hingewiesen, dass sich mehrere EU-Mitgliedsländer, Lieferländer sowie große Unternehmen in der EU gegen eine Verschiebung der EUDR einsetzen.
  • Leitfaden und FAQ: Der Leitfaden zur Umsetzung der EUDR ist fertig, wird laut BMEL aber derzeit von der Kommission zurückgehalten. Auch das erweiterte FAQ zur EUDR (Veröffentlichung war bereits für Mai angekündigt) soll so gut wie fertig sein, hängt aber noch bei der Kommission fest (wobei wir den Eindruck haben, dass sich Kommission und Mitgliedsstaaten bei einigen Punkten noch uneinig sind). Leitfaden und FAQ sollen laut EU-Kommission Antworten auf viele derzeit noch offene Fragen geben, insbesondere die Handhabung der EUDR innerhalb der EU. Das BMEL hat mitgeteilt, dass die Mitgliedsstaaten der EU fassungslos über das aktuelle Vorgehen der EU-Kommission sind – dem schließen wir uns an.
  • Aufgaben von Unternehmen innerhalb der EU: In diesem Zusammenhang wurde nochmal klargestellt, dass nicht-KMUs, die innerhalb der EU relevante Erzeugnisse kaufen, in der Regel keine Koordinaten oder Lieferkettendokumente benötigen. Diese Unternehmen müssen lediglich prüfen, ob ihre Lieferanten die EUDR einhalten und ein ausreichendes System anwenden, nicht aber deren Prüfung 1 zu 1 wiederholen.
  • Zuständige Behörden: Bisher haben 21 Mitgliedsstaaten eine für die EUDR zuständige Behörde ernannt. Die Kommission hat angekündigt, Strafen gegen die restlichen sechs EU-Länder zu verhängen, falls diese nicht umgehend eine zuständige Behörde ernennen.
  • Behördenprüfungen: BMEL und BLE haben angekündigt, bei Prüfungen von Marktteilnehmern die derzeit mangelhafte Informationslage zu berücksichtigen. Die BLE geht momentan von 4.000 bis 5.000 Prüfungen pro Jahr aus – im Vergleich zu aktuell etwa 200 bis 250 EUTR-Prüfungen jährlich. Prüfungen durch die BLE erfolgen grundsätzlich digital über ein dafür eingerichtetes online-Portal. Im nächsten Schritt entscheidet die Behörde dann, ob eine Prüfung vor Ort oder eine Probennahme erforderlich sind.
  • Verbrauch im eigenen Unternehmen: Aus dem Text der EUDR geht hervor, dass eigentlich auch der Verbrauch relevanter Erzeugnisse in einem Unternehmen (z.B. Druckerpapier, LKW-Reifen, Brennholz) unter die EUDR fällt. Übereinstimmend mit Aussagen aus dem Sommer wurde nun klargestellt, dass der Verbrauch im eigenen Unternehmen nicht von der EUDR betroffen ist, mit der Ausnahme von direkten Importen aus einem Drittland. Dies gilt auch für Unternehmen, die innerhalb der EU Holz kaufen und daraus ein Produkt herstellen, das nicht von der EUDR betroffen ist. Darunter fallen z. B Holz oder Kartonagen, die im Unternehmen zur Verpackung von Waren genutzt werden, oder Holzfurniere, die in der Automobilindustrie verwendet werden (Faustregel: wer innerhalb der EU Holz kauft, aber kein Holz verkauft, ist kein Marktteilnehmer und fällt nicht unter die EUDR). Für Importeure und Händler bedeutet dies, dass sie entsprechenden Kunden keine Daten weitergeben müssen, da es sich bei diesen Firmen nicht um Marktteilnehmer handelt. Das BMEL hat zudem erwähnt, dass auch der Einbau von Holzbauteilen in ein Gebäude als Verbrauch im eigenen Unternehmen aus der EUDR ausgenommen ist, wobei wir bei dieser Thematik noch genauere Erläuterungen fordern.
  • Handhabung von Re-Importen: In vielen Fällen wird Holz aus der EU exportiert und als verarbeitetes Produkt wieder in die EU zurück importiert. Wir gehen davon aus, dass gemäß EUDR in solchen Fällen keine Geokoordinaten für das europäische Holz nötig sind, solange die entsprechenden Referenznummern vorliegen. Die EU-Kommission spricht nun aber davon, dass in solchen Fällen beim Import in die EU Koordinaten nötig seien. Andererseits war es in unserer Testversion des Informationssystems zumindest möglich, Importvorgänge anzulegen, in denen nur Referenznummern und keine Geodaten angegeben waren. Die Lage ist weiterhin unklar, wir bleiben an diesem Thema dran und werden dazu berichten.

Fragen zu Informationssystem (IS) und Sorgfaltserklärungen (SE):

  • Abgabe von SEs: Bisher war die Ansage aus Brüssel, dass pro Importvorgang eine eigene SE abgegeben werden muss. Am Dienstag wurde verkündet, dass eine SE auch für mehrere Importvorgänge genutzt werden kann, vorausgesetzt, es handelt sich um Ware aus derselben Lieferkette bzw. von denselben Flächen. Zudem können voraussichtlich größere Mengen angegeben werden als letztendlich importiert werden. Wir begrüßen diese Vereinfachung einerseits, müssen andererseits aber nun bereits entwickelte Bestandteile unserer Software entsprechend ändern.
  • Erteilung von Referenznummern: Nach Abgabe der SE soll die Referenznummer unverzüglich zur Verfügung gestellt werden. Maximal könne die Vergabe jedoch bis zu 24 Stunden dauern. Es wurde berichtet, dass die jeweiligen zuständigen Behörden ein automatisches System anwenden werden, das gewährleisten soll, dass die Referenznummern sofort zur Verfügung stehen. Nur falls bei dieser automatischen Prüfung festgestellt wird, dass es sich um Ware mit einem hohen Risiko eines Verstoßes gegen die EUDR handelt, könne sich die Erteilung der Referenznummer und damit die Freigabe durch den Zoll verzögern.
  • Handhabung von Sonderfällen: Es gibt einige Fälle, die nicht von der EUDR betroffen sind, gemäß Zolltarifnummer aber unter die Verordnung Fallen (z. B. Bambus, Recyclingmaterial oder Altbestände). Die Kommission hat angekündigt, dass es für solche Fälle sog. Ausnahme-Codes geben wird. Es müssten dann keine SEs abgeben werden.
  • Technische Voraussetzungen: Das IS ist in der Lage, im Rahmen einer SE große Mengen an Daten zu verarbeiten. So können z. B. bis zu 500 verschiedene Baumarten oder 1.000 Herkünfte pro Produkt angegeben werden.
  • Lieferantenschutz: Nachgelagerte Marktteilnehmer können anhand von Referenznummer und Verifizierungsnummer sehen, wer eine SE abgegeben hat. Für kleine Händler, die von Importeuren oder Herstellern innerhalb der EU einkaufen und die ihre Quellen schützen wollen, ist das ein Problem. Wir haben die EU mehrfach auf dieses Thema hingewiesen, sind dort aber auf taube Ohren gestoßen. Kleinen Händlern, die ihre Quellen nicht preisgeben wollen, bleibt also wohl nur übrig, selbst SEs abzugeben.
  • Anleitung und Test: Es soll in Kürze eine Testumgebung für das IS geben, in der interessierte Unternehmen das System testen können, wir werden darüber informieren. Zudem hat die EU-Kommission zwei Videos veröffentlicht, in der Funktionalitäten des IS beschrieben werden. Diese finden Sie hier: green-business.ec.europa.eu/deforestation-regulation-implementation/deforestation-due-diligence-registry_en. In Kürze sollen außerdem schriftliche Anleitungen veröffentlicht werden. Wir weisen darauf hin, dass unsere Software (EUDR-Assistant) eine automatische Schnittstelle zum IS enthält, Nutzer unserer Software müssen sich mit diesem Thema also nicht beschäftigen.
  • Start des IS: Marktteilnehmer können sich voraussichtlich ab 01. November für das IS registrieren. Für die Registrierung benötigen Importeure ihre EORI-Nummer. Die Abgabe von Sorgfaltserklärungen soll ab dem 02. Dezember 2024 möglich sein (ist aber nur für Ware nötig, die ab dem 30.12.2024 zum ersten Mal in der EU in Verkehr gebracht wird). Auch Nutzer unserer Software brauchen einen Zugang zu IS, wir werden Sie über das Prozedere entsprechend informieren.
  • Speicherdauer von SEs im IS: Laut aktuellem Stand sind SEs für sechs Monate im IS sichtbar und werden danach archiviert. Sie behalten aber weiterhin ihre Gültigkeit, sind weiterhin auffind- und verwendbar und werden erst nach fünf Jahren aus dem System gelöscht. Diese Löschung erfolgt nicht aus technischen, sondern aus Datenschutzgründen. Wir haben der EU-Kommission mitgeteilt, dass es im Holzbereich durchaus üblich ist, Produkte länger zu lagern. Die EU zeigt sich hier grundsätzlich kompromissbereit, wir werden uns für eine längere Speicherdauer einsetzen.
  • SEs für KMU-Exporteure: Exporteure, die KMUs sind, müssen beim Export von Ware, für die bereits SEs vorliegen, keine SE abgeben. Beim Export können die Referenznummern der Lieferanten oder eigene, beim Import erhaltene Referenznummern angegeben werden.
  • Plausibilitätsprüfungen durch das IS: Das Informationssystem führt Stand heute keinerlei Plausibilitätsprüfungen durch. Es können problemlos fehlerhafte Daten angegeben werden. Laut EU-Kommission wird überlegt, ob in späteren Versionen entsprechende Prüfungen eingeführt werden. Zudem ist es möglich, dass die zuständigen Behörden selbst Plausibilitätsprüfungen durchführen werden.
  • Verschleiern von Geodaten: Importeure können bei der Abgabe einer SE festlegen, ob die von ihnen eingegebenen Geodaten für nachgelagerte Unternehmen sichtbar sein sollen oder nicht.

Bitte beachten Sie, dass es sich bei den oben genannten Punkten um mündliche Aussagen von EU-Kommission und BMEL handelt. In der Vergangenheit haben sich solche Aussagen wiederholt verändert. Erst dann, wenn uns diese Informationen schriftlich vorliegen, können wir uns darauf verlassen. Sobald uns schriftliche Informationen vorliegen, werden wir diese veröffentlichen und erläutern. (fk)


Foto © GD Holz

Foto © GD Holz


Jürgen Schmidt
02.10.2024 14:47
Ich kann das überhebliche Wort Stakeholder nicht mehr hören. Da wir in Deutschland leben können wir z. B. Interessengruppen schreiben. Allerdings würde es mich interessieren wer denn diese Stakeholder eigentlich sind. Ich möchte also wissen, wer denn alles bei dem Thema EUDR mitredet. Sollte doch in einer Demokratie möglich sein.
Viele Grüße
Jürgen Schmidt

Nils Petersen
02.10.2024 15:38
Hallo Herr Schmidt,
danke für Ihren Beitrag.
Dass wir stakeholder schreiben hat nichts mit unserer Liebe zu Anglizismen zu tun, vielmehr ist das einfach der Name der Gruppe der Kommission, und die Kommission arbeitet nunmal überwiegend auf Englisch…
Eine Übersicht der Gruppe finden Sie unter folgendem link:
https://ec.europa.eu/transparency/expert-groups-register/screen/expert-groups/consult?lang=en&groupId=3282&fromMeetings=true&meetingId=23741
Dort auf Members klicken.
Viele Grüße