Nächstes Bundesland kippt Anhang der MVV TB
Nach dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat nun auch der bayerische Verwaltungsgerichtshof die im Anhang 8 der Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen
(MVV TB) festgelegten zusätzlichen Anforderungen an VOC-Emissionen aus OSB und Spanplatten für unzulässig erklärt.
Nach dem positiven Urteil des VGH Baden-Württemberg im Dezember 2020, ist nun auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof Bayern der Argumentation der Klägerin gefolgt: Die in den Bayerischen Technischen Baubestimmungen (BayTB) vom 26. Februar 2021 geregelten Grenzwerte für VOC-Emissionen aus Holzwerkstoffen und damit verletzen Grundrechte der Hersteller sind unwirksam (Urteil vom 24.11.2021, Az. 2 N 19.1938).
Anders als im Verfahren vor dem VGH Baden-Württemberg hatte das Land Bayern argumentiert, dass die Bayerische Bauordnung (BayBO) auch zu Regelungen bei Vorliegen von unzumutbaren Belästigungen
unterhalb der Schwelle zur Gesundheitsgefahr ermächtige. Solche Belästigungen seien vor allem Störungen durch Gerüche oder andere Einwirkungen auf Menschen, die das körperliche oder seelische Wohlbefinden, die Leistungsfähigkeit oder Lebensfreude beeinträchtigen, ohne schon gesundheitsgefährdend zu sein.
Dem hat der Bayerische VGH nun eine klare Absage erteilt. Weder wurden durch die Vielzahl der vom Land Bayern vorgelegten Studien und Untersuchungen eine abstrakte Gesundheitsgefahr durch VOC-Emissionen aus Holzwerkstoffen belegt, noch führen die VOC-Emissionen zu nicht hinnehmbaren Belästigungen durch Gerüche.
Die BayBO erlaubt technische Baubestimmungen zum Zweck der Abwehr von Gesundheitsgefahren. Ob die BayBO darüber hinaus als Rechtsgrundlage schon zur Abwehr von Belästigungen unterhalb der Schwelle zur Gesundheitsgefahr oder gar allein zur Vorsorge überhaupt in Betracht kommt, lies der bayerische VGH offen.
Die Klage war von der Swiss Krono Group und der Kronospan-Gruppe eingereicht worden. Die mündliche Verhandlung hat im Oktober 2021 stattgefunden. Ende März wurde die Entscheidung den Verfahrensbeteiligten zugestellt; wenige Tage später folgte die schriftliche Begründung. Eine Revision wurde nicht zugelassen.
Mit der Veröffentlichung ist die Entscheidung in Kraft getreten, dass die MVV TB auch in Bayern um den strittigen Anhang 8 bereinigt werden muss. In Baden-Württemberg musste der Anhang bereits nach dem am 7. Oktober 2020 ergangenen Urteil des Verwaltungsgerichtshofs (VGH) in Mannheim aus der Verwaltungsvorschrift herausgenommen werden.
Signalwirkung für andere Bundesländer?
Grenzwerte für VOC aus Holzwerkstoffen wurden bundesweit in allen Landesbauordnungen gleich festgesetzt. Mit dem Urteil aus dem Jahr 2020 hatte der VGH Baden-Württemberg als erstes Gericht festgestellt, dass diese VOC-Grenzwerte nicht von einer Rechtsgrundlage gedeckt sind. Das Urteil hat bundesweit Bedeutung.
Da VOC-Grenzwerte aber in landesrechtlichen Regelungen festgesetzt wurden, ist der jeweilige Verwaltungsgerichtshof bzw. das jeweilige Oberverwaltungsgericht für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Grenzwerte zuständig. Nun muss – wie schon in Baden-Württemberg – auch in Bayern der Landesgesetzgeber die genannten VOC-Grenzwerte für Holzwerkstoffe zurücknehmen, da sie von keiner Rechtsgrundlage gedeckt sind. (zel)
Quellen: Euwid; menoldbezler.de
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