Geänderte Prüfverfahren für die Messung der Formaldehyd-Emissionen aus Holzwerkstoffen
Viele Holzwerkstoffe werden nach wie vor mit Bindemitteln auf der Basis von Formaldehyd verleimt. Diese Technik wurde so weit entwickelt, dass heute emissionsarme Holzwerkstoffe mit diesen Leimen herstellbar sind. Emissionsarme Produkte sind heute wichtiger denn je, da neue und sanierte Gebäude aus energetischen Gründen dichter sind als früher. Das Umweltbundesamt (UBA) hat erreicht, dass die Prüfbedingungen verschärft und angepasst wurden. Nicht zuletzt hat auch die intensive Diskussion zu Formaldehyd (Fall Kronospan) und generell zur Innenraumluft und VOC dazu beigetragen, dass für Deutschland zukünftig ein schärferes Maß angesetzt werden wird.
Hintergrund
Im Jahr 2014 wurde Formaldehyd als krebserregend eingestuft. 2016 hat der Ausschuss für Innenraumrichtwerte (AIR) von Bund und Ländern einen Innenraum-Richtwert für Formaldehyd von 100 μg/m³ abgeleitet. Dieser Wert soll auch kurzzeitig, bezogen auf einen Messzeitraum von einer halben Stunde, nicht überschritten werden. Er entspricht dem WHO-Grenzwert für Formaldehyd aus dem Jahre 2000. Der Grenzwert für Formaldehyd nach der Chemikalien-Verbotsverordung beträgt bisher 0,1 ppm (124 μg/m³).
Dieser Wert wurde bereits 1977 vom Bundesgesundheitsamt als Formaldehyd-Richtwert eingeführt. Seit 2017 gibt es eine horizontale europäische Prüfnorm, die im Januar 2018 als DIN EN 16516 Bauprodukte: Bewertung der Freisetzung gefährlicher Stoffe – Bestimmung der Emissionen in die Innenraumluft
veröffentlicht wurde. Die Bundesanstalt für Material-Forschung und –Prüfung (BAM) hat im Auftrag des Umweltbundesamtes (UBA) geprüft, in welcher Weise die DIN EN 16516 als Prüfverfahren gemäß Chemikalien-Verbotsverordnung für Formaldehyd-Emissionen aus Holzwerkstoffen eingeführt werden kann. Diese Arbeiten wurden von einem Fachbeirat mit Vertreterinnen und Vertretern aus Prüfinstituten, Normung und betroffenen Behörden begleitet.
Festgestellter Handlungsbedarf
Die wesentlichen Prüfbedingungen für die Marktfähigkeit von Holzwerkstoffen (Prüfverfahren für Holzwerkstoffe
) sind seit nahezu 30 Jahren unverändert. Seitdem haben sich die Innenräume und die Holzwerkstoffe verändert. Um die Prüfbedingungen von Holzwerkstoffen an den heutigen Stand der Technik anzupassen, hat das UBA in den letzten Jahren zusammen mit der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) ein Forschungsvorhaben durchgeführt. Das Vorhaben hatte das Ziel, die Prüfbedingungen mit der heutigen Bauweise in Einklang zu bringen und damit Überschreitungen des Innenraum-Richtwertes für Formaldehyd von 0,1 ppm durch die Weiterentwicklung der Anforderungen an Formaldehyd emittierende Produkte zukünftig sicherer zu vermeiden.
Dazu bedurfte es eines neuen Prüfverfahrens. Das Forschungsvorhaben wurde durch einen Fachbeirat begleitet, der sich regelmäßig während der Laufzeit getroffen hat. Um alle Interessierten ausreichend zu informieren und ihnen die Möglichkeit zur Kommentierung zu geben, wurde seit Beginn über den Fortschritt des Vorhabens auf dieser Seite berichtet. Inhaltlich ist das Vorhaben inzwischen abgeschlossen.
Im experimentellen Teil des Vorhabens hat die BAM u. a. geprüft, wie hoch Formaldehyd-Emissionen aus Holzwerkstoffen unter realitätsnahen Bedingungen werden können. Auch wenn es inzwischen viele formaldehydarme Produkte gibt, sind auch Produkte auf dem Markt, die höhere Emissionen zeigen. Eine im Rahmen des Forschungsvorhabens eingekaufte Spanplatte zeigte eine so hohe Formaldehydemission, dass sie in Deutschland nicht verkehrsfähig ist. Ein Marktüberwachungsverfahren wurde inzwischen eingeleitet (vgl. Infos zu Kronospan 2018).
Ergebnisse
Im Juni 2018 fand unter reger Beteiligung verschiedener Stakeholder (z. B. Prüflabore, Holzwerkstoff- und Möbel-Industrie) in Berlin eine Abschluss-Veranstaltung zum erwähnten Forschungsvorhaben statt. Auf Grundlage der Forschungsergebnisse wurde folgende Änderung als notwendig erachtet:
Um das der Chemikalien-Verbotsverordnung zugrunde liegende Schutzniveau unter den heutigen Gegebenheiten in Gebäuden einhalten zu können, ist die Einführung der horizontalen und europäisch harmonisierten DIN EN 16516 als neue Prüfnorm (Referenznorm
) für Formaldehyd-Emissionen aus Holzwerkstoffen unerlässlich. Prüfungen nach der bisherigen Referenznorm DIN EN 717-1 sollen weiterhin gleichberechtigt möglich sein. Ergebnisse von Messungen, die nach der EN 717-1 ermittelt wurden, sind mit dem Faktor 2,0 zu multiplizieren. Abgeleitete Verfahren wie z. B. das Gasanalyse-Verfahren sollen ebenfalls weiterhin möglich sein. Diese Änderungen sollten in der nächsten Fassung der vom BMU veröffentlichten Bekanntmachung analytischer Verfahren für Probenahmen und Untersuchungen für die im Anhang der Chemikalien-Verbotsverordnung genannten Stoffe und Stoffgruppen
Eingang finden.
Die zuständige Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Chemikaliensicherheit (BLAC) hat diese Änderung inzwischen beschlossen. Das BMU hat die geänderte Tabelle, in der es auch um andere Stoffe als Formaldehyd geht, im November 2018 im Bundesanzeiger veröffentlicht (siehe Anhang!).
Da die Tabelle sowohl die alte wie auch die neue Regelung enthält, ist für Interessierte ein genauer Vergleich problemlos möglich. Endgültig in Kraft treten wird das geänderte Prüfverfahren zum 1.1.2020, es kann aber von der Holzwerkstoff-Industrie schon jetzt genutzt werden.