search

Einsatz tropischer Hölzer in tragenden Konstruktionen

30.03.2022rss_feed

Einsatz tropischer Hölzer in tragenden Konstruktionen

Der Einsatz tropischer Holzarten für konstruktive Verwendungen (tragende Konstruktionen) ist in Deutschland selten. Woran das liegt? Oft sind normative Vorgaben und die Verfügbarkeit der Ware ein Problem. Einige normative und bauordnungsrechtliche Vorgaben werden zurzeit geändert und überarbeitet, was Chancen für die Verwendung von Tropenholz im konstruktiven Bereich erhöhen kann.


Es ist kein Geheimnis, dass die Importmenge von Tropenholz nach Deutschland seit Jahrzehnten rückläufig ist. Auf der einen Seite spielen erschwerte Rahmen- und Handelsbedingungen, geringere Preise, schwierige Verfügbarkeit und nicht zuletzt auch das Image von Tropenholz beim Endverbraucher eine Rolle. Auf der anderen Seite ist nachhaltig erzeugtes Tropenholz verfügbar, technisch überlegen und muss genutzt werden, um eine auskömmliche Wertschöpfung in den Erzeugerländern zu erzielen.

Gründe dafür mag es viele geben, doch es ist auch wichtig, über die technischen Vorzüge von Tropenholz zu sprechen. Zurzeit werden einige normative und bauordnungsrechtliche Vorgaben zur Verwendung von Tropenholz im konstruktiven Bereich geändert und überarbeitet. Das eröffnet Chancen, künftig mehr Holzarten tragend einsetzbar zu machen und damit auch mehr Produkte für diese Verwendungen verfügbar zu haben. Wichtig ist aber dabei, wie auch bisher: Die richtige Sortierung, daran mangelt es in fast allen Fällen.

Was wird unter einer tragenden Konstruktion verstanden?

Auszug aus der GD Holz Broschüre Terrassen- und Balkonbeläge aus Holz und Holzwerkstoffen (5. Aufl. 2020):

Beläge bei Balkonen und aufgeständerten Terrassen ab einer Höhe von ca. 60 cm über dem Geländeniveau und generell bei Flächen über Wasser (z. B. Boots- oder Badestege) sind als tragende Konstruktionen einzustufen. Sie werden in der Regel handwerklich bemessen, d. h. die Konstruktionen werden mit rechteckigen Querschnitten und der geforderten statischen Sicherheit ausgeführt. %E2%80%A6

Vollholzdielen in tragenden Konstruktionen sind bei Nadelhölzern (auch imprägniert) mindestens in der Sortierklasse S10 nach DIN 4074-1 oder entsprechender europäischer Festigkeitsklasse C24 bzw. bei Laubhölzern mindestens in der Sortierklasse LS10 nach DIN 4074-5 oder entsprechender europäischer Festigkeitsklasse D30 auszuführen.

Als tragende Beläge dürfen in Deutschland neben den Nadelhölzern Lärche und Douglasie die Laubholzarten Afzelia, Angélique (Basralocus), Bongossi, Eiche, Ipé, Keruing, Merbau und Teak verwendet werden. %E2%80%A6

Bei der Verwendung anderer Materialien sind Verwendbarkeitsnachweise durch allgemeine bauaufsichtliche Zulassungen (abZ) o. ä. durch die Hersteller zu erbringen. %E2%80%A6

 

Welche Sortiernormen gibt es?

Auszug aus der GD Holz Broschüre Terrassen- und Balkonbeläge aus Holz und Holzwerkstoffen (5. Aufl. 2020):

Es gibt keine allein gültigen Normen oder Regelwerke, welche die Qualität für alle Laub- und Nadelholzdielen regeln. Besonders bei Importware ist darauf zu achten, nach welchen Sortierkriterien die erhältlichen ausländischen Qualitäten sortiert und angeboten werden. Aussagen wie Premium oder Select können irreführend sein, da sie eine bessere als die durchschnittliche Qualität suggerieren, die meist nicht definiert ist. Das kann bei Reklamationen zu Problemen führen. Werden an Terrassen oder Balkone Anforderungen an die Tragfähigkeit gestellt – das ist z. B. für tragende Konstruktionen (s. o.!) der Fall – sind die Sortierkriterien nach DIN 4074 (Teile 1 und 5) oder europäischen Vorgaben wie in EN 1912 zu berücksichtigen.

Für (tropische) Laubhölzer gibt es, wie für Nadelhölzer, Sortiervorschriften, allerdings können diese nicht branchenweit verwendet werden. %E2%80%A6 Jedes Lieferland hat eigene Bestimmungen, die beim Holzimport beachtet werden sollten. Üblicherweise sind für Sortimente aus Südostasien (z. B. Bangkirai) die MGR (Malaysian Grading Rules) für die Qualitätsbewertung heranzuziehen. Für Sortimente aus Südamerika können Sortierungen wie FAS (First and Second) oder No. 1 Common & Better in Anlehnung an die Sortiervorschriften der NHLA (National Hardwood Lumber Association) aus den USA verwendet werden.

Für den Einsatz von Laubholz in tragenden Konstruktionen können je nach Zuordnung DIN 4074-5 oder auch EN 1912 herangezogen werden.

Die Norm EN 16737 (2016) (Bauholz für tragende Zwecke – Visuelle Sortierung von Tropenholz nach der Festigkeit) liefert eine weitere Möglichkeit der Sortierung, die bisher in der Praxis wenig Verwendung findet. Es ist ratsam, sich über die jeweiligen Sortierkriterien der verfügbaren Terrassendielen zu informieren. Wenn eine Werkssortierung bekannt ist, sollte diese auch Bestandteil von Kaufverträgen sein.

 

Normative und baurechtliche Rahmenbedingungen für den Einsatz von tropischen Hölzern in tragenden Konstruktionen

Für den Einsatz von Holz in tragenden Konstruktionen gilt grundsätzlich die Anforderung, dass das Holz nach Festigkeit sortiert sein muss. Für den Holzeinsatz im sogenannten bauaufsichtlich tragenden Bereich werden in Deutschland derzeit vornehmlich Nadelholzarten eingesetzt – historisch waren die Nadelhölzer im Holzbau schon immer bevorzugt bzw. konnten diese, relativ problemlos eingesetzt werden. Doch der Einsatz von Laubhölzern, gerade im Außenbereich und für statische Anforderungen bietet neue Möglichkeiten.

Nach gegenwärtiger baurechtlicher Situation sind folgende Holzarten neben den heimischen Nadelhölzern Fichte, Kiefer, Tanne, Lärche und Douglasie zulässig: Buche und Eiche von den heimischen Hölzern sowie die tropischen Holzarten Afzelia, Angelique, Azobé (Bongossi), Ipé, Keruing, Merbau und Teak. Gerade Bangkirai – das mit am meisten verwendete tropische Terrassenholz – wird in dieser Liste schmerzlich vermisst, wie auch etliche andere tropische Laubhölzer.

Mit der Ablösung der Holzbaunorm DIN 1052 durch die Regelungen des Eurocodes (Eurocode 5 bzw. DIN EN 1995-1-1) wurden die darin verankerten Bestimmungen zu den im Holzbau verwendbaren Holzarten geändert.

Ein Teil der alten Vorgaben wurde in der Anwendungsnorm zum Eurocode für Bauholz, DIN 20000-5 festgeschrieben. Diese Norm wurde als technische Baubestimmungen in den Landesverordnungen eingeführt und findet sich auch in der aktuellen Fassung der MVVTB (Musterverwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen) wieder.

Im neuen Entwurf der MVVTB (noch nicht veröffentlicht) wird die neue Fassung von DIN 20000‑5 zitiert werden, in der die nationale Liste der zulässigen Holzarten für den tragenden Bereich wegfällt. Es wird in diesem Zuge die gezeigte Tabelle aus EN 1912 uneingeschränkt gültig. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass diese Norm derzeit ebenfalls überarbeitet wird und tendenziell noch weitere Holzarten darin aufgenommen werden. Insbesondere Frankreich und die Niederlande sind in diesem Bereich aktiv.

 

 

Welche Rolle spielt der Holzhandel?

Es ist Aufgabe des Holzhandels zu gewährleisten, dass entsprechend sortierte Qualitäten verfügbar sind und die baurechtliche Seite eindeutig geklärt ist. Beide Punkte stellen künftige Aufgaben dar, die eine Verwendung tropischen Bauholzes im tragenden Bereich fördern können.

Eine weitere Hilfe dabei ist die neue europäische Norm EN 16737 (Ausgabe September 2016) mit dem Titel Bauholz für tragende Zwecke – Visuelle Sortierung von Tropenholz nach der Festigkeit. Auch diese Norm legt Sortierkriterien für tropische Harthölzer fest, mithilfe derer Festigkeitswerte zugeordnet werden können. Diese Norm kann in Deutschland angewendet werden und wird auch bei der derzeit laufenden Überarbeitung von EN 1912 eine Rolle spielen.

 

Aussicht

Mit dem zu erwartenden Wegfall dieser normativen und bauordnungsrechtlichen Hindernisse, ergeben sich gute Möglichkeiten, beschriebene Holzarten zu verwenden und über mehr Verwendung, insbesondere zertifizierten Tropenholzes, zu einem gesicherten Fortbestand und Werterhalt der tropischen Wälder beizutragen.

Dieser Artikel ist ein Auszug eines Artikels, der im kommenden Magazin des Holzhandels zum Holzhandelstag 2022 erscheinen wird.

Weitere Informationen zu den Themen Normung, Statik und Holzsortierung sind im GD Holz Intranet verfügbar: intranet.gdholz.net/intranet/produkte-normung-technik.html

 

(zel)


Foto: © shuttertsock

Foto: © shuttertsock