Abstimmung über Verschiebung und Änderung der EUDR im EU-Parlament
Nach dem Vorschlag der EU-Kommission zu einer Verschiebung der EUDR-Anwendung und der diesbezüglichen Zustimmung des Rates stand die abschließende Abstimmung im EU-Parlament am 14.11.2024 an.
In der Woche vor der Abstimmung hat die Fraktion der Europäischen Volkspartei im Europaparlament (EVP) unter Federführung der deutschen Europaabgeordneten Christine Schneider (CDU, Rheinland-Pfalz) jedoch einen Änderungsantrag zur EUDR eingereicht, der inhaltliche Änderungen der EUDR vorsah.
Kurz zusammengefasst ist die Lage momentan wie folgt:
- Das Parlament hat einer Verschiebung der EUDR um ein Jahr zugestimmt.
- Das Parlament hat mehreren Anträgen zugestimmt, die eine Vereinfachung der EUDR für die europäische Land- und Forstwirtschaft fordern. Insbesondere durch die Schaffung einer vierten Risikokategorie für
kein Risiko
. Für Importeure bringen diese Änderungen voraussichtlich in den meisten Fällen keine Erleichterungen. - Aufgrund der beantragten Änderungen muss jetzt neu verhandelt werden. Es gibt dadurch weiterhin keine Rechtssicherheit, dass die EUDR verschoben wird, auch wenn alle Beteiligten beteuern, eine Verschiebung der EUDR nicht gefährden zu wollen.
Ohne weitere Änderungsanträge wäre die Verschiebung der EUDR damit beschlossene Sache. Da es aber Änderungsanträge gab, denen das Parlament zugestimmt hat, muss nach aktuellem Stand nun für das komplette Paket (Änderungsanträge + Verschiebung) ein Kompromiss zwischen Parlament, Rat und Kommission gefunden werden (sog. Trilog). In den noch verbleibenden Wochen bis zum Jahresende ist das ein sehr ambitioniertes Vorhaben. Alle drei Gremien sind hinsichtlich der Verschiebung einer Meinung, es gibt jedoch weiterhin keine Rechtssicherheit, dass die Verschiebung rechtzeitig vor dem 30.12.2024 in Kraft treten wird. MdEP Schneider hat in einer Pressekonferenz jedoch versichert, dass niemand die Verschiebung der EUDR gefährden wolle.
Der GD Holz begrüßt ausdrücklich den Willen zur Anwendungsverschiebung in allen drei EU-Gremien. Gleichzeitig muss sich nun aber im anstehenden Trilog-Verfahren dringend auf eine gemeinsame Version geeinigt werden, um das unstrittige Ziel der Verschiebung nicht doch noch zu riskieren.
Der Änderungsantrag enthält unserer Ansicht nach einige unsaubere Formulierungen und entfernt teilweise an der einen Stelle Vorgaben, die an anderer Stelle wieder benötigt werden. Daher muss dieser an einigen Stellen nachgebessert werden, damit durch diese Ergänzungen die EUDR nicht noch komplizierter und unklarer wird, als sie es ohnehin schon ist. Unklarheiten müssen beseitigt und die Verordnung eindeutig formuliert werden. Der GD Holz hat sich mit seinen Anliegen frühzeitig an den Bundesminister Özdemir gewandt und eine umsetzbare
Verordnung gefordert. Außerdem haben wir uns direkt nach Bekanntwerden des Änderungsantrags an das Büro von MdEP Schneider gewandt und auf drängende Punkte hingewiesen. Unmittelbar nach der Abstimmung haben wir uns darüber hinaus an die zuständigen Mitarbeiter im BMEL gewandt und unsere Kritikpunkte und die drängenden Anliegen des Holzhandels in Bezug auf die nun eingebrachten Änderungsvorschläge geschildert. Die Ansprechpartner haben unsere Eingaben gewürdigt und zugesagt, unsere Positionen in den anstehenden Abstimmungsrunden mit einzubringen. Wir lassen an dieser Stelle nicht locker und geben unsere Sorgen und Kritikpunkte an alle relevanten Stellen in Bonn, Berlin und Brüssel weiter.
Wir stellen Ihnen im Folgenden den Änderungsantrag, das Ergebnis der Abstimmung sowie die unserer Meinung nach daraus folgenden Konsequenzen im Detail vor. Die angegebene Nummer bezieht sich auf die einzelnen Anträge, insgesamt gibt es davon 15.
1. Inhalt: Entfernung von Händler
aus Erwägungsgrund 30.
- Ergebnis: Wurde vor der Abstimmung von der EVP zurückgezogen.
- Konsequenzen und zusätzliche Informationen: Im ursprünglichen Vorschlag war geplant, Händler (=Einkauf und Verkauf innerhalb der EU ohne Weiterverarbeitung) komplett aus der EUDR auszunehmen. Da die Kommission laut Aussage von MdEP Schneider vorab versichert haben soll, noch vor Jahresende klarzustellen, dass von Lieferanten bereits durchgeführte Prüfungen innerhalb der Lieferkette nicht wiederholt werden müssen und die zukünftigen Verpflichtungen noch vor Jahresende klarzustellen, hat die EVP diesen Änderungsantrag zurückgezogen.
- Inhalt: Entfernung von Verpflichtungen für nicht-KMU-Händler aus Erwägungsgrund 53.
- Ergebnis: Wurde vor der Abstimmung von der EVP zurückgezogen.
- Konsequenzen und zusätzliche Informationen: Siehe Punkt 1.
2. Inhalt: Hinzufügen einer zusätzlichen vierten Risikokategorie (Kein Risiko
) in Erwägungsgrund 68. Erzeugnisse aus dieser Kategorie unterliegen einer stark vereinfachten Sorgfaltspflicht.
- Ergebnis: Vom EU-Parlament angenommen.
- Konsequenzen und zusätzliche Informationen: Siehe Punkte 7 und 9.
3. Inhalt: Folgende Punkte werden zu Erwägungsgrund 86 hinzugefügt: Das Informationssystem (Plattform zur Abgabe von Sorgfaltserklärungen) soll rechtzeitig fertig gestellt und optimiert werden. Zudem soll die Risikoeinstufung der Länder rechtzeitig veröffentlicht werden. Beides soll mindestens sechs Monate vor Geltungsbeginn der EUDR geschehen.
- Ergebnis: Angenommen.
- Konsequenzen und zusätzliche Informationen: Das Informationssystem ist bereits fertig, eine Anmeldung ist möglich (siehe unten). Die Kommission hat sich in ihrem Änderungsvorschlag zur EUDR bereits verpflichtet, die Risikoeinstufung der Länder spätestens bis zum 30.06.2025 zu veröffentlichen. Insofern ergeben sich daraus keine Änderungen.
4. Inhalt: Anpassung von Artikel 3: Nur für relevante Erzeugnisse aus Ländern mit geringem, normalem oder hohem Risiko müssen Entwaldungsfreiheit und Legalität geprüft und eine Sorgfaltserklärung abgegeben werden.
- Ergebnis: Angenommen.
- Konsequenzen und zusätzliche Informationen: Für Waren aus den oben genannten Risikokategorien ändert sich nichts.
5. Inhalt: Im Artikel 3 wird hinzugefügt, dass für Ware aus Ländern der Kategorie kein Risiko
nur die Legalität geprüft und eingeschränkte Informationen gesammelt werden müssen (Umfang siehe Punkt 9).
- Ergebnis: Angenommen.
- Konsequenzen und zusätzliche Informationen: Es müssen für diese Ware keine Sorgfaltserklärungen abgeben werden. Außerdem sind keine Koordinaten erforderlich.
6. Inhalt: Im Artikel 4 werden Vorgaben für Marktteilnehmer ergänzt, die relevante Erzeugnisse der Kategorie kein Risiko
in Verkehr bringen oder auf dem Markt bereitstellen. Diese müssen nur eingeschränkte Informationen sammeln (Umfang siehe Nr. 9). Artikel 4 Absätze 1 bis 10 (Verpflichtungen von Marktteilnehmern) gelten für diese Kategorie nicht.
- Ergebnis: Angenommen.
- Konsequenzen und zusätzliche Informationen: Marktteilnehmer (=Importeure, Waldbesitzer, Verarbeiter, nicht-KMU-Händler, Exporteure), die Ware aus Ländern ohne Risiko in Verkehr bringen, müssen nur noch in geringem Umfang dokumentieren. Sorgfaltserklärungen oder Koordinaten sind nicht nötig, außerdem müssen keine Informationen weitergegeben werden. Da nachgelagerte Marktteilnehmer gemäß diesem Vorschlag aber weiterhin auf Daten angewiesen wären, ist unklar, ob Daten weitergegeben werden müssen oder nicht. Offenbar wurde bei diesem Antrag vergessen, dass die EUDR neben Importeuren und Waldbesitzern noch andere Marktteilnehmer definiert.
- Wir gehen davon aus, dass die meisten nicht-EU-Länder nicht als
kein Risiko
eingeschätzt werden. Für den Handel würde die Bürokratie dadurch weiter steigen, da dann zwei unterschiedliche Arten von Daten verwaltet werden müssen (Ware mit Sorgfaltserklärung und Ware ohne Sorgfaltserklärung). Für importierte Ware ergäbe sich aus dieser Regelung ein Wettbewerbsnachteil, da nachgelagerte Marktteilnehmer hier mutmaßlich deutlich mehr Bürokratie zu erfüllen hätten als beim Kauf von EU-Ware der Kategoriekein Risiko
. Aus Importeurssicht sind diese Vereinfachungen also kritisch zu sehen (zumindest, wenn es Substitute aus der EU gibt). Der GD Holz sieht dies als Wettbewerbsverzerrung und wird sich für eine gerechte Behandlung von Importware einsetzen.
7. Inhalt: Die Vorgaben für Händler werden entfernt.
- Ergebnis: Wurde vor der Abstimmung von der EVP zurückgezogen.
- Konsequenzen und zusätzliche Informationen: Siehe Nr. 1. Da nachgelagerte Marktteilnehmer weiterhin auf Informationen angewiesen sind, hätte diese Änderung in der Praxis wenig gebracht.
8. Inhalt: Für relevante Erzeugnisse aus Ländern der Kategorie kein Risiko
müssen folgende Informationen dokumentiert werden:
- Handelsname und Typ
- Menge
- Land des Holzeinschlags
- Lieferanten
- Kunden
- Nachweise, dass das Erzeugnis nicht mit Waldschädigung in Verbindung steht
- Legalitätsnachweise
- Ergebnis: Angenommen.
- Konsequenzen und zusätzliche Informationen: Es müssen nur die oben genannten Informationen dokumentiert werden. Ansonsten müssen keine weiteren Prüfungen etc. durchgeführt werden. Botanische Namen und Geokoordinaten sind nicht erforderlich. Für uns ist unverständlich, warum trotz der Kategorie
kein Risiko
das Thema Waldschädigung geprüft werden soll.
9. Inhalt: In der Kategorie kein Risiko
müssen die zuständigen Behörden jährlich 0,1% der Marktteilnehmer prüfen.
- Ergebnis: Angenommen.
- Konsequenzen und zusätzliche Informationen: Im Vergleich dazu müssen bei geringem Risiko 1%, bei normalem Risiko 3% und bei hohem Risiko 9% der Marktteilnehmer jährlich geprüft werden.
10. Inhalt: Hinzufügen einer zusätzlichen Risikokategorie kein Risiko
in Artikel 29. In diese Kategorie fallen Länder, die alle der folgenden Kriterien erfüllen:
- Waldfläche ist stabil oder seit 1990 gestiegen.
- Das Land hat das Pariser Klimaabkommen sowie internationale Abkommen bzgl. Menschenrechten und Entwaldung unterzeichnet.
- Vorschriften zur Entwaldung werden auf nationaler Ebene streng überwacht.
- Ergebnis: Angenommen.
- Konsequenzen und zusätzliche Informationen: Mutmaßlich eingeführt, um den Großteil der EU sowie einige wenige Drittländer abzudecken. Die meisten nicht-EU-Länder kommen höchstwahrscheinlich für diese Kategorie nicht in Frage, für Importeure würde sich also voraussichtlich wenig ändern. Falls die USA unter Präsident Trump nochmal aus dem Pariser Klimaabkommen aussteigen, könnten sie nicht in diese Kategorie aufgenommen werden.
11. Inhalt: Die EU-Kommission soll mit der Welthandelsorganisation (WTO) zusammenarbeiten, um eine WTO-konforme Umsetzung der EUDR sicherzustellen und Vergeltungsmaßnahmen zu verhindern.
- Ergebnis: Vom Parlament abgelehnt.
- Konsequenzen und zusätzliche Informationen: Die WTO protestiert bereits gegen den ursprünglichen Vorschlag zur EUDR. Wir gehen davon aus, dass die Änderungsanträge aus Sicht der WTO noch stärker gegen die Regeln für den internationalen Handel verstoßen als der ursprüngliche Vorschlag zur EUDR. Das Risiko handelspolitischer Spannungen steigt.
12. Inhalt: Bei Holz, das vor dem 29.6.2023 eingeschlagen wurde, soll die EUTR bei Inverkehrbringen ab dem 30.12.2026 weiter bis zum 30.12.2028 gelten.
- Ergebnis: Wurde vor der Abstimmung von der EVP zurückgezogen.
- Konsequenzen und zusätzliche Informationen: Es wurde stattdessen über den Vorschlag der Kommission abgestimmt (siehe unten).
13. Inhalt: Die EUDR muss ab dem 30.12.2026 angewandt werden (=Verschiebung um zwei Jahre).
- Ergebnis: Wurde vor der Abstimmung von der EVP zurückgezogen.
- Konsequenzen und zusätzliche Informationen: Es wurde stattdessen über den Vorschlag der Kommission abgestimmt (siehe unten).
14. Inhalt: Kleine und Kleinstunternehmen müssen die EUDR ab dem 30.6.2027 anwenden.
- Ergebnis: Wurde vor der Abstimmung von der EVP zurückgezogen.
- Konsequenzen und zusätzliche Informationen: Es wurde stattdessen über den Vorschlag der Kommission abgestimmt (siehe unten).
Anschließend wurde über den Vorschlag der Kommission abgestimmt. Dieser sieht vor, die Anwendbarkeit der EUDR um ein Jahr, auf den 30.12.2025, zu verschieben. Auch alle weiteren Fristen (Aufhebung der EUTR, weitere Geltung der EUTR für vor dem 29.06.2023 eingeschlagenes Holz, längere Übergangsfrist für kleine und Kleinstunternehmen) sollen entsprechend um ein Jahr verschoben werden. Dieser Vorschlag wurde vom Parlament angenommen. (fxk, js)
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